"Twenty years from now you will be more disappointed by the things you didn't do than by the ones you did do. So throw off the bowlines. Sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in your sails. Explore. Dream. Discover." 
(Mark Twain)

 

New Zealand

01.02.2010, Kingston S.E. (South Australia)

Simone hatte sich in den letzten Tagen eine Erkaeltung eingefangen, die sie in Wanganui endgueltig dahingerafft hat. Also haben wir uns fuer zwei Tage in einem Backpacker Hostel einquartiert, damit sie sich auskurieren konnte. Wanganui ist eine liebenswerte Kleinstadt mit viel Charme und so war es nicht schwer die Zeit hier totzuschlagen. Uwe hat die Gelegenheit genutzt und mal wieder einen Barbershop besucht, der seine Locke getrimmt hat. Nach zwei Tagen war Simone dann wieder fit und weiter ging die Reise Richtung Mount Egmont / Taranaki. Auf dem Weg nach Patea sind wir mit ordentlich Rueckenwind nur so dahingeflogen, allerdings hat uns der Wind auch die halbe Nacht nicht schlafen lassen, da es ordentlich ums Zelt stuermte.

Unsere letzten Fahrtage in Neuseeland haben uns ueber Stratford nach New Plymouth gefuehrt. Immer mit einem Seitenblick Richtung Mount Egmont /Taranaki, der sich uns aber leider nicht zeigen wollte. Staendig mit Wolken verhangen, hat er sich unseren Blicken gaenzlich entzogen. Wir glauben allerdings, dass es sich beim "Mount Fuji der suedlichen Hemisphaere" um eine Legende handelt. Denn trotz herrlichen Sonnenscheins in New Plymouth, da wo der Berg sein sollte, waren nur Wolken.

In New Plymouth haben wir uns auf dem Zeltplatz eines Backpacker Hostels mitten in der Stadt einquartiert. Eigentlich ein sehr schoenes Hostel, aber leider lag unser Schlafplatz genau unter der Waescheleine, so dass wir staendig unter der Waesche zum Zelt durchkriechen mussten. Aetzend! Aber wir haben die Zeit dort ausgiebig genutzt um im Internet nach Fluegen zu schauen und unsere Australien-Planung voranzutreiben. Aber davon spaeter mehr...

Mit dem Bus ging es dann zurueck nach Auckland zurueck, wo unsere freundlichen warmshowers Gastgeber Steve und Glenn uns zum zweiten mal eingeladen haben, bei Ihnen zu uebernachten. Da die beiden sich selbst noch im Urlaub befanden, mussten wir einfach nur den Schluessel bei Glenns Tochter abholen und das Haus stand uns fuer zwei Tage alleine zur Verfuegung. Wir haben dann mit den Beiden noch einen schoenen letzten Tag in Auckland verbracht. Nach dem Abendessen, dass wir fuer die Beiden gekocht hatten, wurden wir in ihr Lieblingscafe ausgefuehrt, in dem es DEN neuseelaendischen Nachtisch gab. Pavlova! Eine Baisse-Insel mit Sahne und Fruechten obendrauf. Yummy!

Neuseeland verlassen wir mit gemischten Gefuehlen. Waren wir 2006 absolut begeistert von der Suedinsel Neuseelands, mussten wir leider feststellen, dass die Nordinsel sich doch vollstaendig davon unterscheidet. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Laender. Die Weite und Einsamkeit der Suedinsel haben wir schon sehr vermisst, da uns der viele Autoverkehr, die dichte Besiedlung, das huegelige Farmland und der staendige Wind gehoerig auf die Nerven ging.

Aber wir hatten natuerlich auch Highlights: Die Abgeschiedenheit des Eastcapes, die Maori Kultur, Weihnachten in Whakatane, die Tongariro Alpine Crossing, die Fahrt entlang des Wanganui Rivers...am schoensten jedoch waren die Begegnungen mit den Menschen, die auch diesen Teil der Reise so unvergesslich machen werden.

Aber jetzt heisst es: Australien wir kommen!

15.01.2010, Wanganui

Im Haus von Brian und Andrea dauerte es nicht lange, da war unser Frust vergessen. Bei hervorragendem Essen und einem guten Wein redeten und redeten wir. Die Einstellung der Beiden mit Ende 50 ihre Jobs zu kuendigen und auf eine koerperlich anstrengende Radreise durch Suedamerika zu gehen floesste uns eine gehoerige Portion Respekt ein. Der Lebensstil der Beiden war aeusserst inspirierend. Wie bisher bei allen warmshowers-hosts fuehlten wir uns sofort heimisch und genossen die Gastfreundschaft der Stitsons. Es ist erstaunlich wie viele Menschen einen aehnlichen Traum haben wie wir und es ist schoen sich ueber eine derartige Plattform mit ihnen zu treffen und Erfahrungen auszutauschen.

Nachdem uns Brian eingesammelt hatte und wir uns nach einer Dusche wieder wie richtige Menschen fuehlten, wurden wir in den Wagen gepackt und wir machten eine kleine Sightseeingtour durch die Umgebung von Napier. Der erste Stop war nicht weit vom Hause der Stitsons entfernt, das Weingut "The Mission Estate" eines der wohl besten und vor allem schoensten Weingueter in Hawkes Bay. Die Tour fuehrte ueber die "Church Road" und den "Elephant Hill" (natuerlich mit Weinprobe und auch dem Erwerb jeweils einer Flasche Wein verbunden) hinauf in die Berge um Hastings, von wo aus wir einen herrlichen Ausblick ueber die Hawkes Bay und Napier hatten.

Napier liegt in einem der groessten Weinanbaugebieten Neuseelands und wurde 1931 von einem Erdbeben fast vollstaendig zerstoert. Das Erdbeben war so heftig, das sich ueber weite Strecken der Meeresboden um mehrere Meter anhob und dort wo eben noch Wasser war, nunmehr Land war. Die Stadt wurde im damals gaengigen Art Deco Stil wieder aufgebaut, wobei viele der Haeuser in den 60igern abgerissen und neugebaut wurden. Damals interessierte halt noch niemanden den touristischen Aspekt einer homogenen ArtDeco-Stadt. In jedem Fall ist es einen Besuch wert.

Nach drei sehr schoenen, lustigen und erholsamen Abenden mit extrem gutem Essen (aehnlich gut wie in der Casa Lupo), befolgten wir den Ratschlag Brians und nahmen fuer die Strecke von Napier nach Taupo den Bus. Wie recht Brian hatte, stellten wir auf dem Weg nach Taupo fest. Stuermischer Gegenwind, starker Autoverkehr und ausser zwei Grossbaustellen nichts besonderes zu sehen.

Taupo ist so etwas wie das Gegenstueck von Queenstown (Suedinsel) auf der Nordinsel. Wunderschoen am Lake Taupo gelegen kann man hier wirklich jeden Unfug anstellen. Fallschirmspringen, Paragliding, Bungyspringen, Heli-dies-und-heli-das und auch Jetboat fahren...und wenn man(n) mal gerade hier ist...stuerzte Uwe sich in eines dieser Boote und fegte mit 100km/h hin zu den gigantischen Huka Falls. Die sind zwar nicht sehr hoch oder sehr breit, aber eine gigantische Masse an Wasser schiesst sekundlich durch den engen Ausfluss des Lake Taupo. Simone genoss da lieber einen gemuetlichen Stadtspaziergang.

Am naechsten Tag hiess es um 4:45 AM aufstehen, da der Berg rief. Der Tongariro Alpine Crossing hatten wir uns vorgenommen. Eine etwa 19 km lange Wanderung ueber das vulkanische Hochplateau des Tongariro National Parks. Wem das nichts sagt, dem wird vielleicht Mordor aus dem Film "Der Herr der Ringe" etwas sagen. Der Nationalpark war Drehort fuer einige Szenen die in Mordor spielten. Die Ueberquerung wird als beste Ein-Tages-Wanderung Neuseelands angepriesen. Da wir in Neuseeland bisher nur diese Wanderung gemacht haben, koennen wir nur sagen: "Es stimmt." Allerdings mussten wir uns dieses Vergnuegen mit sehr vielen anderen teilen, da es Wochenende, Hochsaison und fuer die naechsten Tage schlechtes Wetter angekuendigt war. Aber etwa in der Mitte des Tracks zog sich die Karawane in die Laenge. Wie immer, waren auch hier einige lustige Voegel am Start... In der Info-Broschuere steht eindeutig drin...alpine Bedingungen...kalt, windig, Temparaturstuerze. Mitzubringen sind mehrere Lagen warme Kleidung. Von Muetze und Handschuhen ist die Rede. Und die Broschueren haben recht, der Boden war teilweise gefroren und es lag Schnee. Doch das hielt viele nicht davon ab, in Shorts und T-Shirt loszumarschieren. Der "King of the Hill" war jedoch der Kollege mit den Flip-Flops (nein nicht Du, Holger!). Wie seine Fuesse die diversen Rutschpartien durch losen Schotter und Geroell ueberlebt haben, bleibt sein Geheimnis.

Fuer uns blieb am naechsten Tag die Erkenntnis, dass man zum Radfahren und zum Wandern unterschiedliche Muskelpartien beansprucht und so waren wir froh Radfahren zu duerfen und uns nicht zu Fuss fortbewegen zu muessen. Wieder auf dem Rad fuehrte uns der Weg entlang des National Parks nach Sueden. Die Strampelei wurde mit einem wirklich wunderschoenen und einmaligen Panorama belohnt. Da es in der Nacht geschneit hatte war der Vulkankegel des Mt. Ngauruhoe mit einer leichten Schneehaube bedeckt. Der Mt. Ruapehu ist mit ueber 2.700 m eh immer mit Schnee bedeckt. Vor dieser Kulisse schmeckte die Butterstulle am Mittag nicht nur doppelt, sondern dreifach so gut.

Uebrigens diese ganzen unaussprechlichen Maorinamen kommen daher, dass es im Maorialpahbet nur 15 Buchstaben gibt und deshalb hoeren sich alle Orte irgendwie gleich an. Waiouro, Wairoa, Whangarei, Whangamata, Whitianga, Wanganui. Jedesmal denkt man sich, hier waren wir doch schon mal.

Nachdem wir in Raetihi uebernachtet hatten ging es Richtung Pipikiri. Diese Strasse fuehrte weg von den State Highways zum Wanganui River. Brian und Andrea hatten uns dazu geraten. So ging es zuerst durch sehr huegelige Schafsweiden auf und ab und auf und auf und dann fing die Schotterstrasse an. Bergab und Wellblechschotterpiste...mit vollbeladenem Velo...unbezahlbar. Die Strasse fuehrte durch dichten, einsamen Wald der mit seinen riesigen Farnbaeumen (teilweise bis zu 10 m hoch) einen in die weit entfernte Vergangenheit zu fuehren schien. Wer denkt, dass Klein-Buellesheim am Rand der Erdscheibe liegt, der war noch nie in Pipikiri oder Ranana. Laut unserem Radreisefuehrer ist die Strasse entlang des Wanganui noch mit 50 km Schotter bedeckt, der aber in den naechsten 5 Jahren verschwinden soll. Dann wird es hier wahrscheinlich voll mit Campervans und Autos sein, denn landschaftlich ist diese Strecke wunderschoen. So genossen wir die Stille und Einsamkeit und den Staub der von den wenigen Autos der Anwohner aufgewirbelt wurde. Wir verweilten auf einem kleinen Campground in Ranana und am naechsten Tag radelten wir durch Staedte wie Jerusalem, Athens und London. Auch konnten wir uns dann gleich als Schaftreiber betaetigen, denn ploetzlich standen wir mitten in einer Schafherde. Von hinten draengte der Schaefer die Viecher in unsere Richtung und nach vorne gab es auch kein Durchkommen, denn da standen ja schon welche die wir getrieben hatten und jetzt vor dem entgegenkommenden Wagen fluechteten und wir mitten zwischen den Fronten... und wenn die Viecher Panik kriegen, dann sehen die zwar noch putzig aus, aber die Hufe moechte man trotzdem nicht abbekommen. Schliesslich retteten sie sich auf die Haenge beidseits der Strasse und wir konnten unseren Weg fortsetzen. Wie der Schaefer allerdings seine Schafe von den Schafen anderer Farmen wieder getrennt kriegt, ist uns raetselhaft.

Auf dem Aramoana Sattel hatten uns wieder mal einen grossartigen Platz fuer ein Mittagessen verdient. Ein letzter Blick in das einsame Tal, dass uns zwei anstrengende, aber aeusserst lohnende Tage beschert hatte und ueber eine steile Abfahrt ging es Richtung Gegenwart nach Wanganui.

06.01.2010, Napier

Erst einmal wuenschen wir allen ein frohes neues Jahr! Ist schon was her, seitdem wir etwas eingestellt haben, aber die Zeit die wir am East Cape geradelt sind war in einer...sagen wir ...telekommunikatorisch unterentwickelten Gegend. Sogar unser kleines Netbook wurde angeschaut, als sei es die neueste und modernste Entwicklung seit der Erfindung des Telefons. Nun, wie dem auch sei...hier etwas Neues zum Lesen und Gucken. Viel Spass.

Von Hahei goennen wir uns einen kurzen Radtag und steigen nach wenigen Kilometern in Tairua ab. Der Ort ist klein, gemuetlich und hat einen wunderschoenen Strand, wo wir erst mal den Nachmittag vertroedeln. Doch die Hauptsensation des Ortes ist die Eisdiele, in der es auch Fish'n Chips und Burger gibt. Wir essen hier ein Eis (Double) fuer 1,30 Euro dass aus zwei Kugeln besteht (gefuehlte 4 Kugeln). Die kleine Waffel ist kaum in der Lage den "Eisberg" zu tragen. Yummy! Den Triple fuer 1,60 Euro trauen wir uns nicht, weil wir die Menge bei den drei Jungs vor uns gesehen haben. Eine handwerkliche Meisterleistung die Eiskugeln zu arrangieren.

Nachdem wir die Coromandel-Halbinsel umrundet haben geht es von Tauranga Richung Rotorua. Die Stadt wo es gewaltig stinken soll... Wir radeln an diesem Tag stetig aufwaerts, bis wir endlich das Hochplateau erreichen. Die letzten Kilometer geht es gemuetlich am See entlang. Ja, die Stadt wird ihrem Ruf gerecht, es stinkt gewaltig nach faulen Eiern. Rotorua ist ein geothermisch aktives Gebiet mit Geysiren, Fumarolen und herrlichen kochenden Schlammtuempeln. Hell's Gate! Der schweflige Geruch der ueber allem liegt, kann einem schon mal den Appetit verderben. (Was uns aber nur wenig beeindruckt. Wir haben IMMER Hunger. Siehe auch das Bild vom zweiten Fruehstueck.) Doch Rotorua ist nicht nur fuer seine vulkanischen Aktivitaeten bekannt, sondern ist auf der Nordinsel auch eines der Hauptzentren der Maorikultur. Wir besuchen Te Puia, dass New Zealand Maori Arts and Crafts Institute. Hier kann man einen kleinen Einblick in die Geschichte der Maori bekommen und gleichzeitig das Valley of Geysirs besuchen, eine der fruehen Lebensstaetten der Maori. Der hier lebende Maoristamm kocht traditionell sein Essen in den heissen Wasserquellen.

Nach zwei Tagen verlassen wir Rotorua Richtung Whakatane, wo wir Weihnachten verbringen. Whakatane liegt am Meer und gilt als Tor zum East Cape, das wir als naechstes beradeln wollen. Weihnachtsstimmung kommt hier allerdings nicht so recht auf, da am 24.12 die Geschaefte bis 21.00 Uhr geoeffnet haben und die Neuseelaender diesen Tag als Weihnachtstag vollkommen ignorieren. Der 25.12 ist der grosse Weihnachtstag, der mit Bescherung und Weihnachtsfruehstueck begonnen wird. Aber wir feiern trotzdem am 24.12 mit unserem kleinen Schneemann, den uns Glenn in Auckland geschenkt hat. Zur Feier des Tages gehen wir Essen und lassen es uns richtig gutgehen. Hier der Menueplan: (Simone) Gruenlippenmuscheln, Lammruecken und Lammragout im Pie, Pavlova mit Erdbeeren. (Uwe) Shrimpscocktail, Catch of the day mit Ofenkartoffeln und gruenem Spargel und steamed chocolate pudding. Ein Traum! Uwes Gewinner des Abends ist eindeutig der schokoladigste Schokoladenpudding der Welt, Simones Sieger die Pavlova. Solltet ihr jemals in Whakatane sein, muesst ihr unbedingt im Wharfs Shed essen gehen. Mit breitem Grinsen rollen wir nach diesem Festmahl Richtung Zeltplatz, wo ausser uns nur noch drei Franzosen den heiligen Abend feiern.

Die Landschaft der Nordinsel ist stark von der Landwirtschaft gepraegt. Die Coromandel Halbinsel und die schoenen Straende der Bay of Plenty bilden hiervon jedoch eine Ausnahme. Allerdings sollte man nach den Aussagen aller getroffener Kiwis diese Gegenden nach Weihnachten und um Neujahr in jedem Fall meiden, da hier gerne halb Auckland einfaellt und Party macht. Der starke Autoverkehr macht die Insel nicht gerade zum bevorzugten Radfahrgebiet. Am Strassenrand liegt jede Menge Roadkill...ueberwiegend Igel, manchmal ein Possum und viele Voegel. Die bisher schoensten Anblicke sind bisher die der bluehnden Baeume gewesen...insbesondere der Pohutukawas, die im Dezember in strahlendem rot bluehen.

So radeln wir Richtung East Cape wo mangels groesserer Ansiedlungen der Verkehr abnehmen und die Landschaft laut der Reisefuehrer spektakulaerer werden soll. Twenty bucks, zwei Bier und eine Tuete voll Kiwifrucht

Unser erster Tag fuehrt uns nach Hawai Bay, wo wir feststellen, dass es hier Richtung East Cape tatsaechlich keine groesseren Ansiedlungen gibt. Der "Ort" besteht aus...vielleicht 15 (?) Hauesern. Auf dem Campingplatz gibt es keine deutschen Toene, dafuer sehr, sehr viel Maori. Der Platz macht nicht den modernsten Eindruck. Dafuer kostet er nur zwanzig Dollar (10 Euro). Die Frage an den Besitzer des Platzes, ob es hier im "Ort" einen Shop gibt, in dem man eine Cola oder ein Bier kaufen kann, verneint er. Gut das wir uns mit Essen bereits in Opotiki eingedeckt haben. Einige Minuten spaeter kommt er zu unserem Zelt und reicht uns mit den Worten "Merry Christmas" zwei Dosen Bier. Das nennen wir weihnachtliche Naechstenliebe. Bei den Temperaturen die es heute gab, zischen die Dosen geradewegs weg. Der Mann ist ueberaus freundlich und er hatte uns schon vorgewarnt, als er meinte, dass die Kueche einfach waere und sie von vielen Leuten genutzt wuerde...wir sollten bitte Verstaendnis haben. Simone blickte doch etwas verstaendnislos drein, als sie den Kuehlschrank oeffnete um unsere Sachen zu verstauen und ihr ein ganzer Schwarm Fische entgegenstarrt. Halbe Fische, ganze Fische in jeder Groesse und Farbe...alle unverpackt...gelagert nach den deutschen Lebensmittelrichtlinien. Schuettel! Der Rest der Kueche sieht nicht besser aus und der Geruch ist auch nicht gerade einladend. Also kochen wir kurzerhand auf unserem Kocher...heute ist Schmalhans Kuechenmeister...es gibt Pasta mit Tomatensauce...das Weihnachtsgeschlemmere muss ja wieder reingeholt werden. Kurz vor unserer Abfahrt am naechsten Morgen werden wir vom Besitzer des Platzes noch mit einer Tuete Kiwifrucht (9 Stueck) bedacht. Wir sind doch recht ueberrascht ob seiner weihnachtlichen Verschenkerei. Fuer uns lautet die Rechnung...20 Dollar minus 4 Dollar fuers Bier minus 7 Dollar fuer die Kiwifruechte sind 9 Dollar die wir fuer den Platz bezahlt haben...dafuer nehmen wir auch eine etwas dreckige Kueche in Kauf.

Dann geht es weiter Richtung East Cape. Die Strecke fuehrt durch nette Buchten, die durch Huegelruecken getrennt sind, welche natuerlich ueberwunden werden wollen. Die Gegend wird einsamer, aber leider muessen wir auch in Neuseeland feststellen, ueberall dort wo die First Nation die Bevoelkerungsmehrheit bildet, wie hier am East Cape, sehen die Orte, Geschaefte und Cafes heruntergekommen aus.

Auf unserem Weg Richtung Gisborne treffen wir auf eine Menge netter Kiwis. So z.B. Andrew und seine Familie, die uns nach einem kurzen Smalltalk auf dem Campground in Tolaga Bay anboten in ihrem Garten zu zelten oder der grimmig dreinschauende Polizist, der uns statt eines Strafzettels eine Tuete mit einer Warnweste, einer Flasche Wasser und einem Flickset aushaendigte. Simone kann dies auch direkt am naechsten Tag gebrauchen, da sie durch eine Glasscherbe, die vom Silvesterabend uebrig geblieben ist einen Platten hat. Wobei wir beim Thema Glas waeren. Hatten wir bisher die Amerikaner in Verdacht gerne Glasflaschen aus dem Auto zu werfen, muessen wir den Pokal an die Kiwis weiterreichen. Die haben es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht den ganzen Pacific Coast Highway mit Glasscherben zu verschoenern und bis auf wenige Meter ist es ihnen gelungen. Die ueberwiegende Anzahl der motorisierten Verkehrsteilnehmer fahren anstaendig. Vielmehr haben wir das Gefuehl, dass die meisten Kiwis die Leistung dieser komischen Voegel auf den Raedern respektieren. So haeufig sind wir bisher in keinem anderen Land durch anfeuerndes Hupen und winkende Autofahrer aufgemuntert worden. Am Besten waren ein kleiner Bus der uns ueber Lautsprecher ein "good job, guys!" zukommen liess. Allerdings waren wir an diesem Tag schon kurz davor die Brocken hinzuwerfen oder einfach nur am Strassenrand zu sterben.

Die letzten Tage von Gisborne nach Napier hatten uns so viel Kraft gekostet, dass wir tatsaechlich kurz davor warten die Brocken hinzuschmeissen. Auf unserem Weg liegen keine hohen Paesse die ueberwunden werden muessen, aber tausend kleine Huegel die extrem steil sind. Was wir bisher auf den 5.000 km nie getan haben, tun wir hier...schieben. Entweder wegen der Steigung oder aber wegen des Gegenwindes, denn ist der Huegel nicht steil genug wartet hinter der naechsten Biegung sicherlich ein netter Gegenwind auf einen...auf der ebenen Strecke ist der Gegenwind Serienaustattung. Was wir hier jedoch nicht von einem laues Lueftchen...in Deutschland wuerde wahrscheinlich eine Sturmwarnung ausgesprochen. Auf der Etappe von Wairoa nach Lake Tutira war es dermassen stuermisch, dass wir die Fahrraeder schieben mussten, da wir ansonsten schlicht und ergreifend von der Strasse gefegt worden waeren. Diese Etappe brachte uns an den Rand der Erschoepfung. Die Sonne brannte an den Steigungen so stark, dass der Aspahlt Blasen warf und es sich anhoerte als wuerden wir ueber Luftpolsterfolie fahren, der Gegenwind war so stark, dass wir sogar auf der Ebene schieben mussten und durch viele kleine Blessuren waren wir auch mental nicht mehr dazu in der Lage uns gegenseitig anzufeuern. Nach 4 Stunden Fahrtzeit hatten wir gerade mal 37 km geschafft und der Wind blies so stark, dass wir uns fragten wie wir die restlichen 43 km ueberhaupt schaffen sollten. Der Tacho zeigte auf der Ebene nicht mehr als 7 km/h an. Also nur noch weitere 6 Stunden Radeln...hiesse ungefaehre Ankunftszeit 22 Uhr. Grosses Kino! Irgendwie schafften wir es dann doch gegen 19 Uhr anzukommen, irgendwas zu essen zu kochen und uns ins Zelt zu legen. Doch waehrend der ganzen Nacht tobte ein dermassener Sturm, dass einem im Zelt Angst und Bange werden konnte. Immer wieder bog sich das Gestaenge des guten Hillebergs und Boe auf Boe blies ueber den Platz und am naechsten Morgen hatte sich der Wind kaum gelegt...SSDD (Same shit different day!). Vollkommen frustriert und ohne jegliche Motivation gingen wir an den letzten Berg vor Napier. Gluecklicherweise war dies die einzige Steigung vor Napier und der stuermische Wind drohte uns erst kurz vor Napier seitlich von der Strasse zu fegen. Doch am Strassenrand wartete schon Brian unser Warmshowers Host und lud die Raeder fuer die letzten 4 km auf den Autotraeger. Brian erlaeuterte uns, dass diese Winde fuer Januar extrem ungewoehnlich seien. Ueblicherweise wuerde es im Novenber fuer einige Tage solche Winde geben, aber niemals im Januar.

So gelangten wir zu ihm und seiner Frau Andrea in ihr schoenes Heim nach Taradale etwa 8 km von Napier Innenstadt entfernt. Der herzliche Empfang, ihr Enthusiasmus fuer das Radfahren und eine heisse Dusche liessen uns erst einmal schnell unseren Frust vergessen. Die Beiden sind weitgereist und ihre Einstellung verlangt uns extremen Respekt ab. Sie arbeiten immer mal wieder fuer ein Jahr und gehen dann wieder fuer ein Jahr oder ein halbes auf Reisen. Im April 2010 soll es nach Suedamerika gehen. Waehrend ihrer Zeit in England sind sie viel in Europa geradelt. Frankreich, Spanien, Deutschland und die Schweiz standen auf dem Plan. Sie sind von Cairns in Australien die Kueste runter nach Adelaide und quer durchs Outback nach Darwin geradelt. Ebenso standen Malaysia, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam auf der Speisekarte und in Sri Lanka und in Indien waren sie auch schon mehrfach. Wir redeten lange und ihre Geschichten und Erzaehlungen waren faszinierend und inspirierend. "Einfach machen", so lautet ihre Devise. Es findet immer ein gutes Ende. Respekt!

So das war es erst einmal wieder. Berichte ueber Napier gibt es zu einem spaeteren Zeitpunkt.